Kyselak war da – 1825

Dezember 2025

Im letzten Sommer jährte sich zum 200sten Mal die Anwesenheit von Joseph Kyselak in Berchtesgaden. Joseph Kyselak, 1798 in Wien geboren und 1831 dort an der Cholera gestorben, war Alpinist und Hofkammerbeamter am Kaiserhof. Sein Hobby, oder besser gesagt sein Spleen, bestand darin, sich an Orten, die er besonders schön oder interessant fand, mit großen schwarzen Buchstaben zu verewigen.

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Kyselak (Nikolaus Barton) vor 1823

Und zwar nicht mit Farbe, sondern mit Schwarzpulver. Denn er führte auf seinen Wanderungen und Reisen gern Gewehr samt Schwarzpulver und Blei mit sich. Eine Lieblingsgegend war die Wachau. So hat er seinen Namen oberhalb von Dürnstein verewigt. Heute noch sichtbar, obwohl die meisten seiner Namensnennungen nicht mehr vorhanden sind.

 

Am 12. August 1825 begann das zentrale Ereignis seines Lebens, die fast vier Monate dauernde Wanderung von Graz nach Westen über die Alpen. Sie führte über die Koralpe, das Drau- und Möll-Tal nach Mallnitz, über den Mallnitzer Tauern nach Bad Gastein, erreichte Hallein und über die Scheffau Berchtesgaden. Von dort stieg Kyselak über das Steinerne Meer nach Saalfelden. Von dort über den Gerlospass ins Zillertal und überquerte den Alpenhauptkamm nach Sterzing. Über den Jaufenpass, durch das obere Passeiertal und über das Timmelsjoch ging es ins Ötztal, über die Wildkarspitze ins Stubaital und nach Innsbruck. Der Plan, mit einem Boot den Inn abwärts zu fahren, schlug fehl. Kyselak wanderte nach Salzburg, fuhr auf Flößen die Salzach und den Inn hinunter nach Passau, von wo er zu Schiff nach Wien zurückkehrte. Vier Jahre später publizierte er seinen Bericht darüber, der ihn bekannt machte: Skizzen einer Fußreise durch Oesterreich, Steiermark, Kärnthen, Berchtesgaden, Tirol und Baiern nach Wien – nebst einer romantisch pittoresken Darstellung mehrerer Ritterburgen und ihrer Volkssagen, Gebirgsgegenden und Eisglätscher auf dieser Wanderung, unternommen im Jahre 1825.

 

In Berchtesgaden kam er bei ungemütlichem Regenwetter an. Um die Zeit bis zur Weiterreise zu überbrücken, nahm er die Einladung zu einer Bauernhochzeit an. Er muss auch Besuch im Haus am Finkenstein (Doktorberg 8) gemacht haben, denn in einem Film des ORF hat Gebhard Droßbach, Gründungs- und Ehrenmitglied des Heimatkundevereins und früherer Besitzer des Hauses, berichtet, dass seine Mutter und er bei Säuberungsarbeiten am Felsen neben dem Haus die Inschrift Kyselak gefunden haben. https://on.orf.at/video/14293244/kyselak-war-da-graffiti-anno-1825.

 

Als das Wetter wieder besser wurde, fuhr Kyselak über den Königssee nach St. Bartholomä. Er heuerte an der Seelände drei Ruderer an, die ihn über den See fuhren. Er bewunderte die Insel Christlieger und den Königsbachwasserfall. Da er ein Gewehr dabei hatte, animierten ihn die Ruderer an der Echowand rüberzuschießen. Es musste so geschnalzt haben, dass die Menschen in St. Bartholomä erschraken. Auf der Halbinsel machte er Brotzeit und fuhr dann weiter nach Salet Von dort ging er zum Obersee und wieder zurück. An der Südseite des Königssees, wo früher, als der Funtensee noch bestoßen wurde, das Rind rauf- und runtergetrieben wurde ging er zum Schrainbach, traf er auf fünf „Pipenmänner“, die Ballen mit Zirbenholz, das zum Herstellen von Pfeifen verwendet wurden, nach St. Bartholomä tragen sollten. Einer bot Kyselak an, ihm etwas Besonderes zu zeigen. Es ging steil bergauf zum Eingang einer Höhle, die Kyselak Windhöhle nannte, bei der es sich aufgrund der Beschreibung um die Salzgrabenhöhle handeln musste. Diese Höhle war 1814 von einem Bauern entdeckt worden, wurde dann von Erhard Sommer von der Gärtnerei Sommer wiederentdeckt und uns von der Jungmannschaft der AV-Sektion gezeigt. Beachtlich war ein Bach, der mitten durch die Höhle floß. Wir hatten vermutet, dass es sich um den unterirdischen Abfluss des Funtensees handelt, aber der Nationalpark hat herausgefunden, dass das nicht der Fall war. Aber zurück zu Kyselak: Mit viel Mühe kamen sie wieder aus der Höhle heraus. Die Männer gingen bergab nach St. Bartholomä, Kyselak durch die Saugasse hinauf zum Funtensee. Damals gab es das Kärlinger Haus noch nicht, aber drei Almen, wo er übernachtete und Nahrung bekam. Da am nächsten Tag Almabtrieb war, wurden die Kaser gereinigt und alles Material, das man für den nächsten Sommer brauchte, im Kaser verstaut. Am Abend gab es als Abschied ein Apfelkoch. Die Übernachtung erfolgte auf einer Holzbank, Am nächsten Morgen stieg Kyselak auf den Funtenseetauern, wo er auf einen Schafhirten traf, bei dem er in der Hütte die nächste Nacht verbrachte. Von dort ging er über das Steinerne Meer zum großen Hundstod, den Kyselak Hundskopftod nannte. Von dort stieg er hinab nach Saalfelden. Die Weitrerreise von dort wurde oben schon beschrieben.

Obwohl früh an der Cholera verstorben, gilt Kyselak für viele als Ahnherr der Graffititradition. Der Bericht hier möge dazu beitragen, dass der Name dieses ungewöhnlichen Menschen nicht in Vergessenheit gerät. Der Grund für sein merkwürdiges Verhalten ist nicht bekannt. Vermutet werden eine Wette, dass sein Name in einer bestimmten Zeit in ganz Österreich bekannt wird. Oder eine unglückliche Liebe, damit seine Verflossene allenthalben auf seinen Namen stößt.

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Gedicht von Victor Scheffels

     …Schwer empört schau ich das wilde

     Denkmal wilder Menschenart …

     Sieh – da winkt versöhnlich milde

     Auch ein Gruß der Gegenwart:

     Schwindlig ob des Abgrunds Schauer

     Ragt des höchsten Giebels Zack

     Und am höchsten Saum der Mauer

     Prangt der Name — KISELAK.

 

 

 

Quellen:


- Baethcke: Kyselak vor 100 Jahren in Berchtesgaden: in Bergheimat 1927 und 1928

- https://on.orf.at/video/14293244/kyselak-war-da-graffiti-anno-1825.

- Wikipedia: Kyselak

- www.kyselak.at

Text und Repros: Gernot Anders